Feinstaub ist ein allgegenwärtiges Problem, das weltweit Millionen von Menschen betrifft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich über sechs Millionen Todesfälle auf Feinstaubexposition zurückzuführen sind. Bisherige Messungen haben jedoch möglicherweise ein unvollständiges Bild der tatsächlichen Gesundheitsrisiken gezeichnet.
Die Herausforderung: Kurzlebige Sauerstoffradikale
Ein Forschungsteam der Universität Basel hat eine neue Methode entwickelt, um Feinstaub in Echtzeit zu messen. Dabei werden sogenannte Sauerstoffradikale erfasst, die in bisherigen Messungen aufgrund ihrer Kurzlebigkeit oft unentdeckt blieben.
„Weil diese Sauerstoffradikale so schnell mit anderen Molekülen reagieren, müsste man sie aber ohne Verzögerung messen“, erklärt Atmosphärenwissenschaftler Markus Kalberer.
Die innovative Messmethode
Die neue Methode sammelt Feinstaub direkt aus der Luft in einer Flüssigkeit, wo er mit Chemikalien reagiert. Die entstehenden Fluoreszenzsignale geben Aufschluss über die Menge der Sauerstoffradikale.
Die Messungen zeigen, dass 60 bis 99 Prozent der Sauerstoffradikale binnen Minuten oder Stunden verschwinden. Dies bedeutet, dass bisherige Analysen den tatsächlichen Anteil schädlicher Substanzen im Feinstaub massiv unterschätzt haben.
Implikationen für die Gesundheitsversorgung
Die neuen Erkenntnisse könnten weitreichende Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung haben:
- Prävention:
- Genauere Messungen ermöglichen gezieltere Präventionsmassnahmen, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren.
- Dies könnte zur Entwicklung neuer Technologien für Luftreinigungssysteme in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen führen.
- Diagnose und Therapie:
- Das Verständnis der Rolle kurzlebiger Sauerstoffradikale könnte neue Ansätze für die Diagnose und Therapie von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen eröffnen.
- Dies könnte zur Entwicklung neuer Medikamente und Therapiegeräte führen.
- E-Health und Digital Health:
- Die Echtzeitmessung von Feinstaub könnte in E-Health-Anwendungen integriert werden, um Patienten über ihre individuelle Feinstaubbelastung zu informieren.
- Dies könnte zur Entwicklung von Apps und Wearables führen, die Patienten bei der Vermeidung von Feinstaubexposition unterstützen.
Ausblick
In einem nächsten Schritt soll das Messgerät weiterentwickelt werden, um tiefere Einblicke in die Zusammensetzung und Auswirkungen von Feinstaub zu gewinnen.
„Wenn wir den Anteil hochreaktiver, schädlicher Komponenten genauer und zuverlässig messen, lassen sich auch besser Schutzmassnahmen ergreifen“, so Kalberer.
Literatur
Steven J. Campbell et al.: Short-lived reactive components substantially contribute to particulate matter oxidative potential. Science Advances (2025), doi: 10.1126/sciadv.adp8100